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Okiek Sprache

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Autor
Ivan Rigamonti
Traumwelten - Dieser Artikel ist Teil einer Serie.
Teil : Dieser Artikel

In einem kleinen Dorf, verborgen in den Falten eines vergessenen Tals und umschlungen wie ein Nest in den Ästen einer schlafenden Eiche, sass ein Schriftsteller in einem Zimmer, das die Zeit zu vergessen schien. Umgeben von einem Meer aus Herbstlaub, das durch das offene Fenster wie verlorene Erinnerungen tanzte, liess er seine Finger über die Tasten einer imaginären Schreibmaschine gleiten, wobei die Worte wie Regentropfen auf einem stillen See tanzten, während er leise Formulierungen in der Okiek Sprache murmelte.

Er war ein Mann, der den Zenit seines Lebens bereits überschritten hatte und nach dem Glauben lebte, dass es an Menschen seines Alters sei, die Verantwortung zu tragen, da der Rest der Welt entweder zu jung, zu alt oder zu beschäftigt sei, um sie zu formen. Ein Erdmännchen, sein treuester Gefährte, nippte an einem Glas Mineralwasser und wartete gespannt auf die nächste Geschichte.

Auf dem Papier, das über der imaginären Schreibmaschine zu schweben schien, formten sich seine Worte:

“Patriotismus ist die Tugend der Boshaften.” 1

Der Schriftsteller fühlte sich wie ein altes Radio, das hektisch zwischen den Sendern wechselte, um möglichst viele Fragmente von Gesprächen in diversen Sprachen aufzufangen, bevor die analogen Frequenzen endgültig den digitalen weichen mussten.

Seine Geschichte sollte von einem Helden erzählen, der auszog, um mit der Farbenpracht der Blüten die Welt vor dem ewigen Winter zu bewahren. So wie ein Maler eine leere Leinwand mit seinem Schaffen überwindet. Eine Zukunft, verdunkelt durch die Blindheit derer, die nur die Flaggen ihres eigenen Landes sehen. Doch irgendwie kam er nicht weiter.

Je mehr er sich bemühte, desto verworrener wurden seine Gedanken, die er zu Papier bringen wollte. Plötzlich, wie ein kräftiger Windstoss, der im Tal mit dem bunten Laub neue Muster malte, nahm der Held Gestalt an, gewoben aus den Gedankenfäden des Schriftstellers. Mit einem Mantel, der im Farbenspiel des Herbstlaubs schimmerte, stand er lebendig da, ein Zeugnis der Macht der Worte.

“Du hast mich gerufen?” Seine Stimme hallte wie das Echo des Windes, der durch die Bäume wehte.

Der Schriftsteller, wie von einem Blitz aus der Realität gerissen, starrte auf diesen lebendigen Traum. “Ich… ich habe lediglich die Tinte meiner Gedanken fliessen lassen,” antwortete er zögerlich.

Das Erdmännchen, das bis dahin sein Mineralwasser genossen hatte, hüpfte aufgeregt umher. “Du hast es geschafft! Du hast die Grenze zwischen Fantasie und Wirklichkeit durchbrochen!”

“Nicht ganz,” lächelte der Held. “Ich habe lange nach jemandem gesucht, der auf der gleichen Wellenlänge denkt, um mit seiner Hilfe in diese Welt zu treten.”

Der Schriftsteller, noch immer fassungslos, beobachtete, wie der Held hinausschritt, sich mit einem Augenzwinkern kurz umdrehte, um sich dann in eine Brise aufzulösen, die das Herbstlaub zu einem Tanz der Farben und Hoffnung anregte. Jedes Blatt, das sich drehte, war wie ein Atemzug gegen den Frost, der die Welt zu ersticken drohte.

Das Erdmännchen, nun wieder ruhig sein Glas nippend, fragte: “Was wirst du als Nächstes schreiben?”

Okiek Sprache © 2024, Ivan Rigamonti

  1. Oscar Wilde ↩︎

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